Euchtachius

 

 

 

1.Bericht

Eustachius (Griechisch: »Der Ährenreiche«), war nach der romanhaften Legende ein römischer Heerführer, dem auf der Jagd ein Hirsch mit einem Kreuz zwischen dem Geweih erschien. Er bekehrte sich darauf mit seiner ganzen Familie, mit der er such unter Kaiser Hadrian den Martertod erlitt. – Eustachius ist vielleicht personengleich mit Eustathius, Patriarch von Antiochien, der um 340 gestorben ist. – Die Hirschlegende ist eine Wandererzählung, die aus Indien über Mesopotamien in das Abendland kam und im Leben mehrerer Heiliger berichtet wird. – Eustachius wird zu den Vierzehn Nothelfer gezählt.
Eustachius wird dargestellt in Jägerkleidung mit einem Hirsch, zwischen dessen Geweih ein Kruzifix erscheint, mit glühendem Ofen, mit wilden Tieren.

Eustachius ist Patron der Förster, Jäger, Tuchhändler, Krämer, Klempner; bei traurigen Familienschicksalen. 
Eustachius wird angerufen gegen schädliche Insekten.

Quelle: Dr. Hans-Joachim Kracht

 
 

 

 

2.Bericht

Eustachius (griechisch „der Standfeste“)
Die Legende berichtet von Eustachius, der vor seiner Bekehrung Placidus hieß, dass er unter Kaiser Trajan als römischer Offizier Jäger und Heermeister einer Legion in Kleinasien war. Eines Tages erschien ihm bei der Jagd ein Hirsch, der zwischen seinen Geweihstangen ein Kreuz trug. Placidus stürzte vom Pferd und hörte die Worte: „Warum jagst du mich? Glaube an mich, ich bin Christus, ich habe lange nach dir gejagt, gehe zum Bischof der Christen und laß dich taufen.“ Er ließ sich mit seiner Frau und seinen Söhnen taufen und erhielt den Namen Eustachius. Er verarmte später und wanderte nach Ägypten. Dort wurde er von seiner Familie gewaltsam getrennt, fand sie aber später unerwartet wieder. Er weigerte sich während der Christenverfolgungen durch Kaiser Hadrian heidnischen Göttern zu opfern und starb den Märtyrertod. Nachdem man ihn in Rom im Amphitheater vergebens den Löwen vorgeworfen hatte, wurde er im Inneren eines bronzenen Stiers bei lebendigem Leibe verbrannt.

Auf Darstellungen findet man Eustachius als Jäger mit Spieß und Jagdhorn und einem Hirsch mit einem leuchtenden Kruzifixus im Geweih. Auf seinen Märtyrertod verweist ein glühender Ofen, der ihm manchmal beigegeben ist. Auch wilde Tiere können sein Kennzeichen sein. Eustachius, dessen Verehrung sich bei uns oft mit dem des heiligen Hubertus vermengte, ist der Schutzheilige der Jäger und der Schutzpatron von Paris und Madrid. Als einer der vierzehn Nothelfer wird er in allen schwierigen Lebenslagen angerufen.

Quelle: Deutscher Schützenbund

Schützenvogel

Wenn man über Sinn und Zweck eines zum Teil sechseckigen Stückes Holz nachdenken will, das ausgestattet ist mit stilisierten Flügeln, Schweif und Kopf, auf einer Schießstange (Schießrute i befestigt und dann auch noch mit Hilfe eines Gewehrs regelrecht zerkleinert wird, sind Kenntnisse über die Geschichte der Schützenbruderschaften und des Vogelschießens erforderlich.
Die frühen christlichen Bruderschaften sahen es als ihre Verpflichtung an, Schutz zu gewähren, daher auch der Name Schützenbruderschaft. Es galt, Schwache und Kranke zu schützen, sowie Gemeinden und Städten Schutz vor Angriffen von außen zu geben. In den Statuten der frühen Bruderschaften ist die Bindung an die katholische Kirche und deren Schutz eine der vorrangigen Aufgaben. Heute ist der konfessionsübergreifende christliche Gedanke Stützpfeiler der Bruderschaften. Die Bereitschaft, für ihren Glauben einzustehen, demonstrieren die Schützenbrüder noch heute in der Fronleichnamsprozession, bei der sie symbolisch das Allerheiligste begleiten und beschützen.
Der Englische Langbogen, dessen Pfeile eine Rüstung noch auf 400 Schritt durchschlugen und die Armbrust, deren Gebrauch wesentlich einfacher war, versetzten die Bürger der Gemeinden und Städte in die Lage, ausgebildeten Rittern und Soldaten entgegenzutreten und ihr Heim vor Raub und Plünderung zu schützen.



Der Gebrauch von Bogen und Armbrust erforderte allerdings immer noch viel Übung. Als Motivation, regelmäßig zu üben, wurde einmal im Jahr der beste Schütze ermittelt. Es wurde auf einen hölzernen Vogel, den „Königsvogel“ geschossen. Die Tradition, auf einen Vogel zu schießen, der auf einer Stange befestigt wird, lässt sich bis zur Griechischen Antike zurückverfolgen. Die Schützenbruderschaften und Schützengilden Können ihren Königsschuss, belegt durch alte Statuten und Schützenregeln, bis ins frühe Mittelalter zurückverfolgen. Ein Papagei war es, der mit gekonnter Hand aus Holz getrieben war und zum Abschuss auf einer Stange (Schießrute) befestigt wurde. Die Vogelbauer der damaligen Zeit nahmen sich diesen Vogel als Vorlage, weil er ein wahrhaft königlicher Vogel war, denn der exotische Papagei war so wertvoll, dass ihn sich nur sehr wohlhabende Oberhäupter leisten konnten.



Im Laufe des 18. Jahrhunderts löste die Taube den Papagei als Schützenvogel langsam ab. Da aber die Taube in den Augen der Kirche ein Bote des Friedens ist, auf den nicht geschossen werden konnte, setzte sich nach und nach der Adler als Königsvogel durch.
Im Laufe der Jahrhunderte, die die Schützenbruderschaften in unserer Region bestehen, haben sie sicher auch die verschiedensten Traditionen entwickelt, um ihren König zu ermitteln. Bis in die heutige Zeit ist das Schießen auf den Königsvogel die Regel. Es gibt allerdings keinerlei Vorgaben in alten Statuten oder Schießregeln, die festlegen, wie ein Schützenvogel aus- zusehen hat. In unserer Zeit wird häufig, wie anfangs erwähnt, ein Stück Holz mit stilisierten Flügeln, Schweif und Kopf verwendet.
Da jeder Schützenzug, jede Gilde und jedes Corps seinen König ermittelt, ist es sicher sinnvoll, den Königsvogel einfach zu gestalten.
Die Tradition, den Schützenkönig durch das Schießen auf eine kunstvoll bemalte Schießscheibe zu ermitteln, ist vor allem bei den Schützenbrüdern aus dem Süden beheimatet.

 

Seine Königsvögel sind wahre Prachtexemplare

„Es gibt keine bessere Werbung als eine gute Arbeit“, lautet das Motto des selbständigen Raumausstatter-Meisters Bernd Wiescholleck. Dieser Wahlspruch gilt offenbar auch für sein ehrenamtliches Engagement: Der 49-Jährige ist Schützenvogel-Bauer. Seine kunstvoll geschnitzten „Flattermänner“ sollen den Königsschuss aufwerten. Rund 50 dieser Handarbeiten – vornehmlich aus Lindenholz – sind in den vergangenen zehn Jahren entstanden. 
Vor ein paar Jahren hat Bernd Wiescholleck sogar einmal probiert, den von ihm in 40-stündiger Arbeit kreierten Vogel selbst von der Stange zu holen. Was den kreativen Holzbüttgener stört: „Normalerweise ist der Königsvogel ein viereckiger Klotz mit stilisierten Flügeln, Schweif und Kopf.“ Lediglich in Westfalen, so weiß der begeisterte Schütze zu berichten, werden die Vögel noch schön ausgeschnitzt. Bernd Wiescholleck greift diese Tradition gern auf – seine Königsvögel sind wahre Prachtexemplare. Die beiden Elemente Schießscheibe und Schützenvogel bringt er gekonnt zusammen: Zu aufwändigen Malereien auf der Scheibe mit rund einem Meter Durchmesser, die meistens charakteristische Merkmale des betreffenden Ortes widerspiegeln, kommt ein kunstvoll geschnitzter Adler, der stolz seine Flügel ausbreitet.

Der „Vater“ so mancher Königsvögel trifft mit seiner Arbeit den Geschmack der Auftraggeber: Die Holzbüttgener Schützen schossen bereits zum zehnten Mal auf einen Königsvogel Marke Wiescholleck, ebenso die Schützen des Bezirksverbandes. Und der St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft Furth hat der Holzbüttgener immerhin schon zum dritten Mal ein Prachtexemplar beschert – ein Ende ist nicht abzusehen. Einmal, als Hans-Heinrich Gilges von den Kaarster St. Sebastianern Schützenkönig war, überquerte Bernd Wiescholleck auf entsprechende Bitte hin den Nordkanal, um ausnahmsweise auch für diese Bruderschaft einen stolzen, eines Königsschusses würdigen Adler, zu schnitzen. 
In jedem Vogel steckt Material für rund 150 Mark, hinzu kommen etwa 40 Arbeitsstunden. Wer jetzt meint, Bernd Wiescholleck sei mit diesem Ehrenamt voll und ganz ausgelastet, der irrt gewaltig: Von den rund 70 Orden, die in einer Vitrine einen würdigen Platz gefunden haben, sind etliche von ihm selber entworfen worden. Ein Wiescholleck-Werk ist unter anderem der Orden des Bezirksverbandes Neuss aus Anlass des 50-jährigen Bestehens. Der Hauptmann des Jäger-Fahnenzuges „Heimattreu“, der gerade den Vogel, den der letztjährige Holzbüttgener Schützenkönig Bernd Peters abgeschossen hatte, wieder zusammengeflickt hat, arbeitet mit der Firma Herrmann in Kerpen zusammen, wenn es um Orden geht. Und er fragt selbstverständlich vorab seine Auftraggeber, was auf dem dekorativen Stück alles zu sehen sein soll. 
Bernd Wiescholleck, der 1978 als 16-Jähriger in die Bruderschaft eintrat, ist auch ein Zeichen-Talent – eines, das eigentlich ein Fleißkärtchen verdient hätte: „Ich habe schon meinen ganzen Ort gezeichnet“, gibt er nicht ohne Stolz zu verstehen. Seine Heimatliebe und -verbundenheit wird die entscheidende Triebfeder für sein vielseitiges ehrenamtliches Engagement sein. Hin und wieder greift Bernd Wiescholleck auch zur Schreibmaschine – so ließ er sich im Jubiläumsbuch des Bezirksverbandes Neuss vor einem Jahr zum Thema „Der Schützenvogel“ aus, machte deutlich, dass es sich hierbei um einen Brauch handelt, der bis ins frühe Mittelalter zurück zu verfolgen sei: Zunächst – so ist da zu lesen – wurde auf einen Papagei, dann auf eine Taube und schließlich auf einen Adler geschossen. 
Im vorigen Jahr hat der rührige Heimatfreund außerdem ein 42 Seiten starkes Heft zum Thema „Holzbüttger Haus“ herausgegeben. Ehrenurkunden auf Leder, die Gestaltung der Schützenzelt-Rückwand mit Kirche und Bischofshof als die prägenden Motive sowie das alljährliche Schützenfestplakat gehen ebenfalls auf sein Konto. Darüber hinaus hat sich Bernd Wiescholleck eine kleine Fotosammlung zugelegt: Hier stellt er das Holzbüttgen von einst dem Ort gegenüber, wie er sich heute präsentiert. Nein, das Schützenvögel-Bauen wird trotz all dieser Aktivitäten garantiert nicht vernachlässigt. Dieses Jahr gibt es allerdings nicht mehr viel zu tun – lediglich der zugeigene Vogel muss noch kreiert werden, ein vergleichsweise kleines Tier ohne Schnitzereien.

barni Neuß Grevenbroicher Zeitung

Entstehung

Im Rahmen von in jüngerer Zeit durchgeführter Ausstellungen über Schützenwesen und Schützensilber haben Helene Blum1 und Ellen
Schwinzer in prägnanter Form über die Entstehung der Schützenbruderschaften berichtet. Zur Einleitung und Einstimmung zu dem mit
dieser Schrift gewählten Thema sind diese Ausführungen ausschnittweise dargestellt.

Die Entstehungsgeschichte der Schützenbruderschaften hängt eng mit der Entwicklung des Zunft- und Gildewesens und dem gleichzeitigen Aufblühen geistlicher Lebensgemeinschaften von Laienbrüdern (Bru derschaften, Fraternitäten) im Mittelalter zusammen, die im 14. und 15. Jahrhundert einen Höhepunkt ihrer Entwicklung erreichten. Häu fig werden in der Literatur die Begriffe Schützengilden, Schützengesellschaften und Schützenbruderschaften synonym verwendet, eine nicht ganz saubere Gleichsetzung, die die unterschiedlichen Motive verwischt, die einst zur Bildung solcher Vereinigungen führten. Heute werden die weltlichen Schützengesellschaften von den an die katholi che Kirche gebundenen Schützenbruderschaften, wie sie vor allem im Rheinland verbreitet sind, deutlich unterschieden, eine Trennung, die im Mittelalter noch nicht so ausgeprägt war. Die Forschungen von
Theo Reintges über den Ursprung der spätmittelalterlichen Schützengilden haben ergeben, dass die Schützengesellschaften sich von
Flandern aus Ende des 13. Jahrhunderts in die nördlichen Niederlande und von dort aus in die Rheinlande verbreiteten. Als freiwillige Ver einigungen der Bürger, die mit Billigung, oft auch auf Anordnung der Obrigkeit, Schießübungen und Schießspiele mit der Armbrust und dem Bogen durchführten, kämpften sie im Kriegsfalle an der Seite ihrer Mitbürger. Der Begriff Schütze umschreibt also nach mittelalterlichem Sprachgebrauch das Schießen; allerdings umfasst er auch den Schutzgedanken im Sinne von Behüten und Beschützen.
Die Anfänge des rheinischen Schützenwesens sind nur in zwei Orten, Aachen und Hemmerden, mit sicheren Zeugnissen bis in die erste
Hälfte des 14. Jahrhunderts zurückzuverfolgen. Die Städte Heinsberg und Neuss besitzen die ältesten Statuten aus den Jahren 1400 und 1415. Durch bruchstückhafte Nachrichten sind für das Ende des 14. und den Anfang des 15. Jahrhunderts Siegburg (Ende 14. Jahrhundert), Münstereifel (um 1400), Andernach (vor 1426) und Ratingen (Anfang 15. Jahrhundert) zu belegen. Als weitere Gründungen aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts sind die Gilden und Bruderschaften in Viersen, Xanten, Ahrweiler, Issum, Büttgen, Euskirchen und Zülpich anzuschließen. Vielfach waren rein politische Interessen der Landesherren für die Gründung von Schützenvereinigungen ausschlaggebend, nämlich die Verteidigung von Land und Bürgern in Gefahrenzeiten. Vom Erzbi-
schof Ruprecht in Köln ist bekannt, dass er im Jahre 1475 zur Gründung von Schützenbruderschaften aufrufen ließ, damit ihm Truppen
zur Verfügung gestellt werden konnten. Herzog Wilhelm von Jülich ordnete 1597 an, dass überall im Lande Schützenvereinigungen aus
Rotten zu je 15 Mann zu bilden seien zur Verteidigung von Land und Städten. Auf solche Bürgerwehren führen zahlreiche Schützengesellschaften ihre Anfänge zurück.Die Bezeichnung ,,Schützenbruderschaft“ dagegen weist auf eine enge
Beziehung dieser Gruppe zur Kirche hin. Sie leiten ihre Anfänge von geistlichen Gebetsbruderschaften des Mittelalters her. Diese Gebetsbruderschaften (Fraternitäten) sind von ihrem Ursprung her tief religiöse Vereinigungen von Laien, Männern sowie Frauen, die sich zum Zwecke einer besonders frommen und mildtätigen Lebensführung verbanden. Sie waren im allgemeinen an eine Kirche angegliedert (eingebrüdert). Regelmäßige Andachten, Prozessionen, feierliches Geleit verstorbener Schwestern und Brüder, Almosenverteilung an Arme und Kranke, gesellige Zusammenkünfte prägten das religiöse und soziale Leben der Gebetsbrüder. Zu diesen Gebetsverbrüderungen gehörten auch die sog. Pestbruderschaften, die in Pestzeiten entstanden, oft an Spitäler angeschlossen waren und sich besonders der Krankenpflege widmeten, ferner die sog. Todesangst- oder Elendenbruderschaften, in denen sich die Menschen aus Sündenangst und Sorge um ihr Seelenheil zusammenfanden.
Für das Rheinland hat Ewald bereits festgestellt und Reintges noch einmal bestätigt, dass viele Statuten sowohl Bestimmungen und Vor schriften über die weltlichen Zwecke der Gilden, die Übungsschießen, Schießspiele und damit verbundene Feste enthalten, als auch eine zweite Gruppe, die das kirchliche Leben betrifft. Der Ursprung der Schützenvereinigungen aus rein kirchlich ausgerichteten Bruderschaften ist daraus nicht herzuleiten, sondern hier ist vielmehr der Zusammenschluß von weltlicher Gilde und kirchlicher Bruderschaft zu erschließen, wie sie in der Bezeichnung St. Sebastianus-Bruderschaft und Schützengilde Andernach noch ablesbar ist.
Der Hauptheilige der Schützenbrüder war der Hl. Sebastianus, der unter dem römischen Kaiser Diokletian den Märtyrertod erlitt. Der
Kaiser versuchte vergeblich, Sebastian vom Glauben abzubringen undübergab ihn seinen numidischen Bogenschützen, die so lange mit
Pfeilen auf ihn schössen, bis er wie tot liegen blieb. Die hl. Witwe Irene fand ihn aber, als sie ihn begraben wollte, noch lebend und
pflegte ihn gesund. Sebastian stellte sich erneut freiwillig dem Kaiser und warf ihm seine Ungerechtigkeit und Grausamkeit gegen die
Christen vor, die nicht seine Feinde seien, sondern täglich für das Wohl von Kaiser und Reich beteten. Um ihm dies zu sagen habe ihn
sein Herr, Jesus Christus, wieder aufleben lassen. Sogleich ließ der Kaiser ihn ergreifen und im Circus durch Keulenschläge töten und
seinen Leichnam in die angrenzende Kloake werfen.
Der Ort der Begräbnisstätte befindet sich in Rom an der Via Appia in einem unterirdischen Gang (Coemeterium ,,in catacumbas“, auch
Sebastian-Katakombe genannt) in der Nähe der Memorien der Apostel Petrus und Paulus, dort, wo heute die Basilika San Sebastiane
steht.
Der Sebastianustag, der 20. Januar, wurde mit besonderen Messen und Feiern begangen. Die Sebastianusbruderschaften sind nachweislich die ältesten Schützenbruderschaften. Daher können die meisten von ihnen auf ein recht hohes Alter zurückblicken. Im Laufe der Zeit gesellten sich auch zahlreiche andere Heilige als Schutzpatrone hinzu, so z.B. die Heiligen Hubertus, Josef, Antonius, Johannes, Rochus und die Gottesmutter Maria. Die Bevorzugung des Hl. Sebastian als Schutzpatron, die ebenso für die Pestbruderschaften gilt, ist kein sicheres Anzeichen für die Entstehung aus einer Pestbruderschaft.
Die in fast allen Statuten aufgeführten Bestimmungen über die Teil nahmepflicht an den Fronleichnamsprozessionen, Patronatstagen,
Kirchgang und dem feierlichen Geleit verstorbener Brüder galt nicht nur für Schützenvereinigungen, sondern auch für andere Gilden.
Für den mittelalterlichen Menschen waren der weltliche und kirchliche Bereich, anders als heute, eine Einheit. Die mittelalterlichen
Vereinigungen umfassten den ganzen Menschen mit seinen religiösen, sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnissen. Die Zugehörigkeit eines Bürgers zur Zunft, zu einer Gilde oder zu einer Bruderschaft regelte sein berufliches Leben, seine Beziehung zu Gott und den Mitmenschen und begründete so seinen Platz innerhalb der Gesellschaft.
Dies führte dazu, dass bei allen Vereinigungen der Bürger, den Bauhütten, den Kaufmannsgilden, den Zünften und auch bei den Schüt-
zenbruderschaften neben weltlichen Aufgaben auch religiöse Vorschriften das gesamte Leben bestimmten.
Der Schutz des Allerheiligsten bei den Prozessionen ist erst in der Reformationszeit notwendig und nachweisbar, also keinesfalls das
auslösende Moment für die Gründung von Schützenvereinigungen. 
Sichtbares Zeichen der kirchlichen Bindung aller Gilden und Bruderschaften sind die Darstellungen der Schutzpatrone, sei es in den
Schützenhäusern, sei es an den Altären, die reiche Gilden in den Pfarrkirchen besaßen, oder auf Hutabzeichen, Fahnen oder sogar Mu-
sikinstrumenten. Die Teilnahme an Prozessionen und Patronatsfesten wird sichtbar an den Brudermeisterstäben und Vortragekreuzen, die noch vereinzelt erhalten geblieben sind.
Voraussetzung für die Mitgliedschaft waren persönliche Ehrenhaftigkeit und oft Tüchtigkeit im Umgang mit Schusswaffen. Besitz des
Stadtrechts (Bürgerrechtes) oder Hausbesitz, was dem Stadtrecht gleichkam, wurden in einigen Städten ebenfalls gefordert. Hinsicht-
lich der Standeszugehörigkeit wurden keine Bedingungen gestellt. Der Hochadel und Adel, führend die Landesherren, waren ebenso Mitglie der wie Kaufleute und Handwerker. In Städten, in denen aber mehr als eine Schützenvereinigung bestand, sind der Adel und die Kaufmannschaft überwiegend in der einen, die Handwerker in der anderen anzutreffen. Außer den Mitgliedsverzeichnissen sind die Königsschilde beredte Zeugnisse über die Zusammensetzung der Gilden und Bruderschaften und in sozial- und wirtschaftsgeschichtlicher Hinsicht für die rheinischen Städte gleichermaßen interessant.
Es soll und darf nicht verschwiegen werden, daß für die Entstehung der Bruderschaften zum Teil auch andere Thesen vertreten werden.
Der Bonner Landeshistoriker Franz Steinbach widersprach 1954 der Auffassung, die Entstehung der Schützenbruderschaften auf die Verteidigungs- und Schutzbedürfnisse des späten Mittelalters zurückzuführen. Er leitet den Ursprung der Schützenbruderschaften von anderen Ursachen ab:
Das Mittelalter war bei aller Frömmigkeit und Askese efne Zeit glanzvoller Feste und Kampfspiele. Deren Veranstaltung lag jedoch
bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts ausschließlich in den Händen der Kirche und der Herrenstände, der Fürsten und Ritter. Ihre inter-
nationalen Hochfeste und Turniere waren die gesellschaftlichen Ereignisse des hohen Mittelalters. Das Volk hatte daneben seine nach-
barschaftlicben Kirmessen und seine berufsständischen Feste. Seit dem 14. Jahrhundert aber stellte das selbstbewusste Bürgertum den
ritterlichen Turnieren seine eigenen überberuflichen Kampfspiele, die Schützenfeste, an die Seite. Das war, so scheint mir, die Aufgabe,
für die sich neben den alten Berufsverbänden die bürgerlichen Schützengilden bildeten. Sie übernahmen sämtliche repräsentativen Ver-
pflichtungen des Bürgertums sowohl im kirchlichen wie im weltlichen Raum. Bei kirchlichen Prozessionen wie bei weltlichen Aufzügen traten sie als festliches Ehrengeleit von nun an in Erscheinung. So begegnen uns auch in der Ostkolonisation seit dem -14. Jahrhundert
neben den Turnieren der Ordensritter die Schützenfeste als Kampfspiele des städtischen Bürgertums und als ihre Träger und Organisa-
tionen die Schützengilden. Die bürgerlichen Schützenfeste werden allenthalben Entsprechungen der ritterlichen Turniere. Ihre fröhliche,
aber zugleich feierliche Aufmachung hatte ebenso wie die repräsentative Teilnahme an allen kirchlichen und weltlichen Veranstaltun-
gen, Aufzügen und Empfängen den ernsten Sinn, die Selbständigkeit,
Mitverantwortung und das Mitbestimmungsrecht der Bürger im öffentlichen Leben zur Geltung zu bringen.
Kirchhof f5 fügt den Feststellungen Steinbachs hinzu, dass es sich bei der Übernahme der städtischen Schützenfeste durch die bäuerliche Dorfbevölkerung um eine allgemein kulturgeschichtliche Erscheinung handelt, die auf vielen Lebensgebieten bis zum heutigen Tag zu beobachten ist. Dass allerdings bei Gelegenheit die dörflichen Schützen von den Landesherren zu Verteidigungs- und Polizeizwecken herangezogen wurden, lag nahe. Ihr Kampfwert war aber natürlich gering.
Aufgaben, Wesen und Zweck der Schützenbruderschaften.
Die Schützenbruderschaften haben seit ihrer Entstehung die brüderliche Nächstenliebe in den Vordergrund ihrer Aufgaben gestellt.
Die St. Sebastianus-Schützenbruderschaft Büttgen setzt als Gründungsdatum das Jahr 1415 an. Dies geschieht nicht auf Grund einer
nach den Maßstäben der historischen Wissenschaft erwiesenen Feststellung, dass die Bruderschaft im Jahre 1415 gegründet worden sei, sondern auf Grund der durch viele geschichtliche Anhaltspunkte erhärteten alten Überlieferung, nach der sie jedenfalls in diesem Zeitpunkt bereits bestanden hat .
Statuten von Bruderschaften aus dieser Zeit geben auch nähere Anhaltspunkte über Zweck und Aufgaben der Bruderschaften. In der
sogenannten Neusser Urkunde von 1415 heißt es in Ziffer 3: „Wird jemand von den Brüdern so arm, dass er von Almosen leben und die Bruderschaft um Hilfe angehen müsste, sollen die Meister dem Bruder alle Tage vier Möhrchen (Bezeichnung für eine frühere Geldeinheit) vom Bruderschaftsgeld geben, solange er der Almosen bedarf und begehrt“. Auch bei Todesfällen gab die Bruderschaft ihre Hilfe.
„Wäre ein Bruder wann er stürbe, so arm, dass er von seinem eigenen Gut keine Totenkiste haben könnte, so soll die Bruderschaft die Totenkiste bezahlen“. So steht es in der genannten Neusser Urkunde7.
Helfen und Beschützen waren die Hauptgesichtspunkte des brüderlichen Tuns. „Jeder Bruder soll eine löbliche Armbrust haben, die zu-
mindest einen rheinischen Gulden wert sei, und dazu alle Gerätschaft zum Schießen, wie sich das gebührt wegen seiner Bruderschaft, zur Wehr und zum Dienste der Stadt Neuss, wann die Not es erfordert“.
Mit dieser Ziffer 7 der Neusser Urkunde wurden die Schützenbrüder verpflichtet. Über die Büttger Schützen hatte der Amtmann von
Liedberg Befehlsgewalt. In Kriegzeiten wurden sie zur Bewachung der Landwehren und Burgen sowie zur Ergreifung umherstreifender
Söldner eingesetzt. In Friedenszeiten hatten sie ordnungspolizeiliche Funktionen etwa auf den großen Märkten oder zur Festnahme von
Räuberbanden. 
Die Brüder durften aber von der Bruderschaft auch finanzielle Hilfe als Unterstützung ihrer Anliegen erwarten. Sie konnten von der Bruderschaft Geld leihen. In dem alten Bruderschaftsbuch der Büttger Bruderschaft von 1742 sind Verzeichnisse über sog. Jahresrenten aufgeführt. Die Bruderschaften waren also Vorläufer der heutigen Sparkassen.
Die Gestaltung des gesellschaftlichen und geselligen Lebens erfolgte auch in Büttgen in hohem Maße ebenfalls durch die Sebastianusbruderschaft. Hierzu geben die „Regulen oder Statuten der uhralten undt löblichen Bruderschaft S. Sebastian! zu Büttgen und Kleinenbroich“, die in den alten Bruderschaftsbüchern von 1742 und 1843 jeweils am Anfang des Buches niedergeschrieben sind, reichlich Aufschluß. Der volle Wortlaut dieser Satzung ist als Anlage zu diesem Heft abgedruckt.
Der Zweck der St. Sebastianus-Bruderschaft Büttgen ist in der Satzung von 1905, der zweiten bekannten Satzung, mit „der Hebung des kirchlichen bzw. religiösen Sinnes unter den Mitgliedern und der Förderung des geistigen und geselligen Lebens sowie der Schießkunst“ beschrieben. Der weit über die Grenzen von Büttgen bekannte damalige Bürgermeister Robert Grootens hat diese Satzung stark bestimmt.
Im Jahre 1949 beschäftigte sich der Vorstand der Bruderschaft Büttgen mit der Aufstellung einer neuen Satzung. Pastor Wilhelm Plog
hatte hierzu einen Entwurf erarbeitet. Aus heute nicht mehr zu ermittelnden Gründen kam es aber nicht zur förmlichen Annahme.
Dennoch sei kurz der im Entwurf genannte Zweck der Bruderschaft aufgeführt:

– Pflege des religiösen Lebens, insbesondere die Verehrung des allerheiligsten Altarsakraments, die Heilighaltung des Sonntags und der Schutz und die Reinhaltung der Familie;
– die Übung der Werke christlicher Nächstenliebe;
– Bildung und Erhaltung eines gesunden Volkstums auf der Grundlage christlicher Sitte;
– staatsbürgerliche Erziehung nach den Grundsätzen christlicher Weltanschauung.
Obwohl die Neugründung der Bruderschaft nach dem Zweiten Weltkriege bereits 1946 stattfand, kam es erst 1964 zur förmlichen Verabschiedung einer neuen Satzung, die 1970 weiter ausgeprägt wurde.
Die heute gültige Satzung der Bruderschaft Büttgen lässt in ihren Aussagen über Wesen, Zweck und Aufgaben der Bruderschaft den Anschluß an die alten Traditionen deutlich erkennen.
Die Bruderschaft stellt ihr Tun unter den Leitsatz „FÜR GLAUBE, SITTE UND HEIMAT“. Sie bietet ihre Gemeinschaft allen Christen
an, den katholischen und den nichtkatholischen. Die katholischen Mitglieder verpflichten sich im Sinne der katholischen Weltanschauung

– zum Bekenntnis des Glaubens durch aktive religiöse Lebensführung, Ausgleich sozialer Spannungen im Geiste echter Brüderlichkeit, Werke christlicher Nächstenliebe;
– zum Schutz der Sitte durch Eintreten für christliche Sitte und Kultur im privaten und öffentlichen Leben, Gestaltung echter brüderlicher Geselligkeit, Erziehung zu körperlicher und charakterlicher Selbstbeherrschung durch den Schießsport;
– zur Liebe der Heimat durch Dienst für das Gemeinwohl aus verantwortungsbewußtem Bürgersinn, tätige Nachbarschaftshilfe, Pflege der geschichtlichen Überlieferung und des althergebrachten Brauchtums, vor allem des
dem Schützenwesen eigentümlichen Schießspiels und Fahnenschwenkens.

Die nichtkatholischen Mitglieder verpflichten sich auf die christlichen Grundlagen der Bruderschaft und des Bundes der Historischen
Deutschen Schützenbruderschaften. Für die innerkirchliche Ehrenarbeit ihrer Kirche sollen sie sich zur Verfügung stellen.
Als besondere Aufgabe nennt die Satzung die Erhaltung des Heimat-, Volks- und Schützenfestes.
Königsvogelschießen, Königstum, Bruderschafts- und Schützenkönigssilber sind tragende Bestandteile des Schützenwesens. 
Sie sind eingebettet in die Pflege des Brauchtums und der Liebe zur Heimat. Die nachfolgenden Abschnitte schildern hierzu die Einzelheiten.

 

Sebastianusbruderschaft

Hatte die Marienbruderschaft lediglich religiöse Bedeutung,

so verband die Sebastianusbruderschaft damit zugleich einen

militärischen Zweck. Während ursprünglich jeder freie Oermane
heerbannpflichtig war, drängten später die Ritter das Volksheer
zurück. Doch hat man nie ganz darauf verzichtet. Namentlich
das aufkommende Landesfürstentum pflegte die Landmiliz. In
Kriegszeiten wurden die Schützen aufgeboten zur Bewachung
der Landwehren, der Hamaien, der Burgen, zur Ergreifung
umherstreifender Söldner, in Friedenszeiten als eine Art Landes-
polizei auf den großen Märkten, zur Zwangsvollstreckung jeder
Art, zur Bewachung von Feld und Flur und zur Ergreifung von
Diebes- und Räuberbanden. Der Amtmann befehligte die
Schützen, die Gemeinde zahlte die Entschädigung.
Mochte nun auch der militärische Wert dieser Miliz nicht groß
sein, eine Ausbildung irgendwelcher Art mußte doch voraus-
gehen. Diese übernahmen die Schützengesellschaften, die sich
meist unter dem Schütze des heiligen Sebastianus, der als
Befehlshaber der kaiserlichen Leibwache am 20. Januar 288 den
Martertod erlitt, als kirchliche Sebastianusbruderschaften auf-
taten. Dazu kam dann als Drittes Pflege der Geselligkeit.
Während einige Bruderschaften ihren Ursprung bis ins 14. und
gar 13. Jahrhundert zurückführen können, tauchen in unserer
Gegend allgemein gleich nach 1400 die Zeugen einer Wehr-
organisation auf. In Neuss traten die Schützengesellen im
Jahre 1415 zur Gründung der Sebastianusbruderschaft zu-
sammen. Aller Wahrscheinlichkeit nach geschah dies aber im
ganzen Dekanate. Der Silbervogel der Sebastianusbruderschaft
in Giesenkirchen trägt die Jahreszahl 1422. Der um diese Zeit
in dem Dingstuhl Unterbroich aufkommende Flur-, spätere Orts-
name Schiefbahn = Scheibenbahn zeigt, daß auch dort eine
eifrige Schützentätigkeit herrschte. In Kaarst stifteten am
20. Januar 1452, auf Sebastianustag, Dithmarus und Lambert von
Lovenbergh, die zwei Provisoren und sämtliche Sebastianus-
brüder (im ganzen waren 26 anwesend) in der Kirche 42 M. Land
aus dem Vermögen der Bruderschaft (sie bestand also schon
recht lange) zu einem ewigen Priesterdienst zu Ehren des
heiligen Sebastianus. 1495 ist die Bruderschaft, zu der von
Anfang an Brüder und Schwestern gehörten, ebenfalls noch in
voller Blüte. In Büttgen wird die Bruderschaft im ältesten
vorhandenen Register von 1535 als längst bestehend aufgeführt.
Das früheste Königssilber datiert von 1631. Auch in Glehn darf
man ihren Ursprung mit Recht gleich nach 1400 ansetzen. 1444
ist der Sebastianusaltar bereits vorhanden. Am 29. September
1451 vermachte Mechtilde Wolf u. a. der Sebastianusbruderschaft
in Glehn zu einem Jahrgedächtnis 3 M. Land bei Epsendorf an
dem sog. Jonkelsveld zwischen den Äckern von Gerhard
Scharantz und der Klarissen in Neuss. Das älteste erhaltene
Register vom Jahre 1489 enthält an Einkünften 30 Ml. Korn
(1641 noch 18 Ml.). Der Landbesitz betrug 1663 23i/a M.
18 R. 22 F. Der Altar der Bruderschaft war mit einer Vikarie
verbunden, zu dem die Brüder den Geistlichen selbst ernannten.
In Kriegszeiten gingen die Bruderschaften vielfach zugrunde.
Doch drangen die Behörden immer wieder auf Erneuerung
derselben. So wurde die Bruderschaft in Giesenkirchen und
in Büttgen (1641 bestand sie nicht mehr) nach dem Dreißig-
jährigen Kriege wieder zum Leben erweckt. In Glehn wurde
sie 1617 wieder hergestellt. Am 19. Juni 1719 erhielten ihre
alten Statuten vom Kölner Kurfürsten Josef Klemens auf Antrag
des Vorstehers und des Brudermeisters die landesherrliche
Genehmigung.
Das Hauptfest, das Bruderschaftsbegängnis, war am Se-
bastianustag. An diesem versammelten sich alle Brüder um
9 Uhr zum Hochamt. Nach der Predigt wurden die Namen
der verstorbenen Brüder und Wohltäter verlesen und für sie
gebetet. Während der Präfation hielten die Brüder Opfergang
um den Altar. Nach dem Amte wurde das Libera gesungen und
das Weihwasser ausgeteilt. An dessen Stelle trat später am
Nachmittage eine Segensandacht und am folgenden Tage ein
Seelenamt für die verstorbenen Brüder. Bei der Bruder-
schaft waren auch Jahrgedächtnisse gestiftet, 1520 drei Den
kirchlichen Dienst am Sebastianusaltar besorgten von jeher
im Auftrage der Brüder ein Pater von St. Nikolaus. Peter von
der Weiden (f 1554) schrieb: „Der Vorsteher der Sebastianus-
bruderschaft in Schlich ist auf Grund eines uralten Vertrages
verpflichtet, dem Pater von St. Nikolaus auf Remigius 20 Ml.
Korn zu geben. Ferner mußte auch der Vorsteher der
Kirchenfabrik wegen des Sebastianusaltares 10 MI. geben. Den
überschießenden Teil der Einkünfte verwandte die Bruderschaft
in selbstlosester Weise für die Armen und zu kirchlichen
Zwecken. Nach der Zusammenlegung der Marien- und Se-
bastianusvikarie (1652) erhielt sie aus den Einkünften jährlich
2 Ml. Korn zurück, eines für den Schützenkönig, das zweite für
ein ehrenvolles Begräbnis der Brüder. Als nun durch die fran-
zösische Gesetzgebung das Vikarievermögen der Pfarre über-
lassen wurde, stellte die Kirchenkasse von 1826-1831 die
Zahlung der 2 Ml. wie auch der seit alters üblichen Rente von
10 Rt. 55 Stb. ein, weil die Bruderschaft nach dem französischen
Rechte keine öffentliche Anerkennung gefunden habe. Doch
setzten nachdrückliche Forderungen es schließlich durch, daß
fernerhin die beiden Ml. Korn und die Spende wieder gezahlt
wurden.
Eine besondere Ehre sah die Bruderschaft seit je in der
Begleitung des Allerheiligsten. Die Brüder zogen dann in Wehr
und Waffen, d. i. bis 1600 in Helm, Harnisch und Bogen, später
mit Gewehr, dem eucharistischen Heiland voran. In ihrer Mitte
trugen sie das Bild ihres Schutzpatrons (schon 1488 erwähnt).
Ihnen voran zog die Fahne. Hinter der Fahne ging der Bruder-
könig in seinem herrlichen Silberschmuck. Auch dies ist schon
für das Jahr 1666 und früher bezeugt. Als Anerkennung für
die Dienste bei der Gottestracht erhielten die Brüder einen Trunk
auf Kosten der Kirche. 1628 bestand er in IVa Ahm, 1645 in
22 Quart, 1654 erhielt jeder Bruder eine Flasche und 1708
2 Quart. Später betrug die Spende 2 Ahm für die Brüder aus
Qlehn, und l Ahm für die aus Liedberg. Diese Spende wurde
zu Anfang des 19. Jahrhunderts auf 8 Rt. 55 Stb., seit 1855 auf
6 Ta. 25 Sgr. festgesetzt. Ursprünglich nahmen die Brüder auch
an dem großen Kirchenessen teil, das nach den Sakraments-
prozessionen auf allgemeine Kosten bei einem Glehner Wirt
stattfand. Als aber die Zahl zu groß wurde, vertraten der König,
der Fähnrich, der Hauptmann und der Brudermeister die
Gesamtheit. An den gewöhnlichen Prozessionen nahmen die
Brüder in einem bescheideneren Aufzuge teil, nur das Se-
bastianusbild in ihrer Mitte. Um das Jahr 1500 hatten die
Bruderschaften der verschiedenen Orte unter sich eine lebhafte
Verbindung-. So treffen wir die Qlehner verschiedentlich bei den
Veranstaltungen und Festen in Neuß und Qladbach.
Auch durch ihre Organisation war die Sebastianusbruder-
schaft stets aufs engste mit der Kirche verbunden. Ursprünglich
standen zwei Brudermeister an der Spitze, von denen einer der
regierende war. Dieses Amt haben vor 1600 meist die Herren
von Schlickum bekleidet. Als nun 1652 die Zusammenlegung
des Marien- und Sebastianusaltares stattfand, wurde der Inhaber
beider Vikarien jedesmal eidlich verpflichtet, das Vorsteheramt
zu übernehmen. Von jetzt an wählte man am Sebastianustag-e
nur mehr einen Brudermeister aus der Reihe der Brüder. Der
Präses setzte vier Brüder in die engere Wahl. Die anwesenden
Mitglieder gaben nun beim Umgang um den Altar ihre Stimmen
ab, die Mehrheit entschied. Der Gewählte wurde hierauf vom
Präses, dem Pastor und den beiden ältesten Brüdern als Bruder-
meister vorgestellt und vereidigt. Die Eidesformel lautete: „Ich
schwöre, der Kirche und den Brüdern stets treu zu sein und
nichts Hinterlistiges gegen die gemeinen Brüder vorzunehmen.“
Dann legte der Brudermeister seine Hand auf den Anfang des
Evangeliums des heiligen Johannes mit den Worten: „Alles
dieses beschwöre ich vor Oott dem Allmächtigen, den anwesen-
den Priestern und Brüdern zu tun und zu halten, so wahr mir
Gott helfe und sein heiliges Evangelium.“
Dem Brudermeister standen vier Beisitzer zur Seite, und zwar
zwei von Qlehn und zwei von Liedberg. Der Brudermeister
leitete die Bruderschaft, nahm Mitglieder auf, schloß aus ihr
aus, verwaltete im Verein mit dem Kirchenrendanten das
Vereinsvermögen und legte jährlich vor Sebastianustag vor dem
Präses und den Beisitzern Rechenschaft ab. Beim Begräbnis
eines Mitgliedes hatte er mit den Freunden Anrecht auf die
Trauermahlzeit. Als Brudermeister werden genannt:
1519 Daem im Oven (Steinhausen).
1528 Gödert Rammetz, Robert Höveler.
1540 Gerhard Reipen, Heinrich Klauth.
1562 Johann Daem, Gördt zu Raedt.
1565 Gerhard Faßbender (Drölzholz).
1595, 1611 Dederich von Buren.
1660 Gördt Weitz.
1662 Heinrich Tappen, Heinrich Koch.
Bis 1674 Peter Meurers.
1700 (f 25. Oktober) Bartholomäus Buschen.
1778 (f 20. Januar) Michael Drath.
1780 Heinrich Rath.
1807-1818 Johann Bonn.
1828 Johann Wolf.
1832-1857 Philipp Becker. Er feierte bei seinem Abschied
sein silbernes Jubiläum, wobei ihn die Bruderschaft u. a. mit
einem Fackelzug ehrte.
1857- (f) 1865 Ackerer Wilhelm Josef Gruben.
1865-1896 Ackerer Michael Baumeister.
1896-1910 Franz Anton Esser.
Seit 1910 Sattlermeister Josef Mostert.
Mitglieder der Bruderschaft konnten seit 1650 nur werden und
bleiben die Angehörigen der Pfarre Qlehn, die einen guten Ruf
besaßen. Auf ehrenvollen Namen wurde der größte Wert gelegt.
Die Aufnahme konnte schon im Kindesalter erfolgen, der Genuß
der Rechte trat aber erst ein, wenn jemand seine Bruderpflichten
erfüllen konnte. 1855 wurde das Eintrittsalter auf 18 Jahre fest-
gesetzt. Wen der Brudermeister aufnehmen wollte, den stellte
er auf St. Sebastianustag oder unter der Rute dem Präses und
den vier Beisitzern vor. Seit 1719 mußte der Eintretende 60 A.
zum Schild und Kleinod und l Ro. an die Brüder zahlen. Jeder
Bruder mußte beim Gottesdienst auf St. Sebastianus und unter
der Rute zugegen sein. Wer fehlte, zahlte l P. Wachs als Strafe,
das zu Ehren des Schutzheiligen verbrannt wurde. Bei der
Gottestracht war jeder zu persönlicher Teilnahme verpflichtet,
und niemand durfte sich durch kleine Jungen vertreten lassen.
Das Recht der Brüder bestand in der Teilnahme am Vogel-
schuß, im Genuß des Frei- oder Bruderbieres, dann in einem
ehrenvollen Begräbnis. Alle begleiteten mit der Fahne den ver-
storbenen Mitbruder zum Grabe. Beim Traueramte gingen sie
um den Hochaltar und opferten. Dafür zog der Priester mit
dem Kreuz auf das Grab und betete das Miserere und De pro-
fundis. Um 1700 wurde beschlossen, zu allen vier Jahreszeiten
eine Sing- und Lesemesse für die Verstorbenen halten zu lassen,
wozu jeder jährlich 8 Pf. beisteuerte. Wer von diesem Beitrag
frei sein wollte, zahlte doppeltes Eintrittsgeld oder stiftete seit
1800 ein silbernes Schild und hieß Freibruder. Seit 1857 ließ
die Bruderschaft für die ärmeren Brüder ein Amt halten.
im Jahre 1856 regte der damalige Präses, Vikar Schiefgen,
die Einrichtung einer Krankenlade an. Wegen der schweren Zeit
sollte die Kasse aber nur durch freiwillige Beiträge gespeist
werden. Man wollte ferner von den neu Eintretenden 10 Sgr.
erheben, außerdem die 12 Ta. für Freibier der Kasse zuführen;
doch ging letzteres nicht durch. Weiter sollte auf Sebastianustag,
dann noch zweimal im Jahre, im Frühjahr und Herbst, eine
Sammlung bei den Brüdern stattfinden. 1857 brachte die
Kollekte auf Sebastianus 8 Ta. 13 Sgr. 6 Pf., im Mai 13 Ta.
4 Sgr. 4 Pf., im Oktober 12 Ta. 5 Sgr. l Pf. Am 20. Januar 1857
wurde die Krankenkasse feierlich errichtet. Der damalige
Schützenkönig Müller aus Steinhausen schenkte hierbei 9 Ta.
27 Sgr. 8 Pf. Bis 1858 waren 208 Ta. zusammen. Die Einnahmen
wuchsen ständig. 1861 vermachte Sebastian Schmitz aus Rubbel-
rath 100 Ta., deren Zinsen ebenfalls der Kasse zuflössen. 1858
wurden an Unterstützungen gezahlt 3 Ta. 4 Sgr. 8 Pf., 1859
9 Ta. 25 Sgr., 1863 an zehn Kranke 26 Ta. 10 Sgr. Die wohltätige
Einrichtung zog sogar das Interesse der Staatsbehörde auf sich.
Es bleibt jedenfalls ein Ruhmesblatt in der Geschichte der
Sebastianusbruderschaft, daß sie unter den ersten den Gedanken
der sozialen Fürsorge gepflegt hat, zu einer Zeit, wo sonst noch
wenig Verständnis für die Gemeinschaft herrschte.
Der ursprüngliche Zweck der Sebastianusbruderschaft, Übung
in den Waffen, fand seinen Höhepunkt in dem Vogelschuß. Da-
neben gab es noch Übungsschießen auf die Scheibe. Schon 1534
führt das Ausgabebuch l A. für eine „royd zu den voigel“ an.
In allen Jahrhunderten kehrt der Vogelschuß wieder, der Pfingst-
montag vor sich ging. Die Kriege verursachten immer nur eine
kurze Unterbrechung. Als im Dreißigjährigen Kriege 1642-1645
Glehn von den Hessen drangsaliert worden war, fand doch 1646
wieder der Vogelschuß statt. Nachdem 1794 die Franzosen das
Land besetzt hatten, nahm schon 1796 die Schützentätigkeit
wieder ihren alten Lauf bis 1813. Nur in der Blütezeit des
Polizeistaates (1825) und während der Besetzung 1919 ff. unter-
sagte man den Brüdern den Gebrauch der Waffen. Um 1500
schoß man in Glehn noch mit der Armbrust. Peter zu Pillern
(von Steinforth) zahlte 1503 für eine solche an die Bruderschaft
l G.. Wann die Feuerbüchse aufkam ist nicht festzustellen.
1698 wird zuerst erwähnt, daß die Brüder mit dem Gewehr
der Prozession beigewohnt haben. Es war der Bruderschaft
nicht immer leicht, sich eine Vogelstange zu verschaffen. 1780
bat sie durch ihren Deputierten Heinrich Rath die Reichsgräfin
von Salm-Dyck um einen Baum für eine Vogelstange, da sie
selbst dazu kein Geld habe. 1811 wurde eine neue Schießrute
im Dorfe Glehn am Flimmers errichtet. Weil sie aber hier den
Häusern zu nahe stand, bot 1836 der Eigentümer des Schanzer-
hofes, Wilhelm Hüsgen, der Bruderschaft an, die Rute auf sein
Eigentum, den „trenken“ Baumgarten am Spritzenhäuschen, zu
setzen. Den ersten Schuß gab der Präses ab, den zweiten der
Bruderkönig des letzten Jahres, den dritten der Brudermeister,
nach den vier Beisitzern kamen die Brüder an die Reihe. Jeder
mußte Schußgeld bezahlen. Wer den Vogel abschoß, wurde
Bruderkönig, wer den Kopf herunterholte, erhielt eine besondere
Prämie.
Bruderkönig zu werden, war stets die höchste Auszeichnung.
Ihn schmückte das Königssilber. Er erhielt eine besondere
Zuwendung, und zwar bis 1651 161/2 Rt., seit 1652 l Ml. Korn
aus dem Vikariefonds, ferner seit 1746 die Zinsen von 50 Ta.
aus der Stiftung Klaudt, von seiten der Zivilgemeinde Freiheit
von Hand- und Spanndiensten für ein Jahr, die aber auf die
Dienste für 24 und später für 9 Kölner M. und 1854 auf vier
Spann- und vier Handdienste beschränkt wurde. Seit 1865 trat
eine Geldspende an ihre Stelle, zunächst von 4 Ta., dann 27 Mk.
und seit 1910 von 15 Mk. In Liedberg war der Bruderkönig
für 9 Kölner M. dienstfrei; statt dessen erhielt er seit 1840 4 Ta.
preußisch und seit 1851 l Ta. preußisch aus der Kommunalkasse.
Diese Rechte waren auch übertragbar, seit 1843 durften sie aber
nur in die Hände des Brudermeisters zurückgegeben werden.
Der Bruderkönig bestimmte, ob ein öffentlicher Aufzug, ein
Schützenzug, stattfand. Es war gleichsam die Huldigung vor
der neuen Majestät, die Besitzergreifung seiner Gewalt. Ehemals
verband sich damit ein Festmahl der Brüder, Konreid genannt.
Schon 1521 heißt es in den Akten: „als der koenyck sy konreyt
hielt“. Der Königsaufzug fiel auf den Sonntag nach Fron-
leichnam. 14 Tage vorher war Beratung darüber. Ein Aus-
schuß von 13 Mitgliedern übernahm die Vorbereitung. Die
Teilnehmer am Zuge wählten sich selbst den sog. Chef, den
Major und den Hauptmann. Diese ernannten dann ihre Adjutan-
ten. Beim Aufzug der Schützen ritt der Chef mit seinem Ad-
jutanten voran, dann folgte die Musik, hierauf die Schützen,
zuletzt der Festausschuß mit dem König in der Mitte. Es war
früher einmal Sitte, Hauptmannsstab und Bruderschaftsfahne
an den Meistbietenden zu versteigern. Das so beliebte Fahnen-
schwenken, zu dem eine große Kunstfertigkeit gehörte, war nur
mit der alten Fahne gestattet. Seit vielen Jahren beschränkt
sich die Bruderschaft auf die Teilnahme an der Fronleichnams-
prozession, während eine besondere Schützengesellschaft, die
1911 ihr silbernes Jubiläum feierte, auf Kirmes „Zug macht“.
Auf ein prunkvolles öffentliches Auftreten legte die Bruder-
schaft immer großes Gewicht. Dazu gehörte vor allem eine
Fahne. Schon 1666 besaßen die Brüder eine „hervorragende
seidene Fahne mit kriegerischen Abzeichen“, die aber wohl
viel weiter zurückreicht. 1698 finden wir wiederum eine
Sebastianusfahne erwähnt. 1756 wurde eine Trauerfahne an-
geschafft. Jeder Bruder steuerte 3 Stb. bei. Freiherr von
Lohausen auf Fleckenhaus lieferte den schwarzen Seidendamast.
Graf Salm-Dyck spendete einen Dukat in Gold dazu. 1819 erhielt
die Bruderschaft eine neue Vereinsfahne, 1834 eine Kreuzfahne
und 1914 wiederum eine neue, herrliche Vereinsfahne, die von
den Schwestern am Kreitz angefertigt war.
Unter den Kleinodien war stets das Königssilber das kost-
barste. 1666 werden gelegentlich unter den Kostbarkeiten der
Kirche die silbernen Schmuckstücke des Bruderkönigs auf-
gezählt. Bei einem Einbruch in die Sakristei (16./17. Oktober
1699) ging alles verloren. Das Taufbuch zählt unter den ge-
stohlenen Schätzen auf „den silbernen Vogel mit unzählbaren
vielen und schönen Schildern der Sebastianusbrüder“. Mit Eifer
sammelte man seitdem ein neues Königssilber. Bis 1757 waren
45 Schilder im Gewichte von 2 P. 22 Lot geschenkt. Hiervon
sind 11 verlorengegangen. 1831 waren 42 Schilder vorhanden;
davon wurden vier zum Vorbeterstab verwandt. Manche „ver-
ehrten“ ein Schild bei ihrem Eintritt oder wenn sie Bruderkönig
wurden. Das älteste Schild trägt in lateinischen Buchstaben die
Aufschrift: „Ich Johannes Pullen gebe dees Scheit an den Neunen
Vogel zu Geleen 1699.“ Noch drei andere Schilder tragen den
Namen Pullen. Nur drei ganz einfache Schilder mit bloßem
Namen des Spenders sind vorhanden, die übrigen sind mit kunst-
sinnigen Verzierungen versehen. Besonders groß und schön ist
das Schild mit der Aufschrift: Ludwicus Joannes Wilhelmus
de Caicum et Lohausen 15. V. 1746 und dem Wappen des Stifters
auf der ändern Seite. Ebenfalls zeichnet sich aus das Schild des
Franz Arnold Freiherr von Frentz in Schlenderhan mit seinem
Namen und Wappen. Andere Schilder zeigen das Bild des
heiligen Sebastianus mit dem Namen des Gebers oder seines
Namenspatrons, wieder andere haben die Abzeichen ihres
Berufes darstellen lassen, so Johannes Scheulen 1792 Musik-
instrumente, Johannes Mösges 1706 Metzgergeräte, Wilhelm
Mösges 1728 Schreinerabzeichen. Bemerkenswert ist noch das
Schild mit der Aufschrift: Wilhelm Kames, König im zweiten
Jahr, daß die Franzosen dies Land im Besitz haben zu Qlehn
1796. Zu diesem Königssilber kam als weiteres Kleinod 1814
der Hauptmannsstab mit silberner Spitze und Kugel und 1856
der Vorbeter- oder Brudermeisterstab. Aus vier silbernen
Schildern und einigen Münzen, im ganzen 88/4 Lot Silber, wurden
die silbervergoldeten Figuren des heiligen Sebastianus und Pan-
kratius hergestellt und auf der Spitze des Stabes angebracht.
Das Silber der Sebastianusbruderschaft befand sich früher stets
im Gewahrsam der Kirche. In den Kriegswirren 1785-1792
wurde es verborgen. Seither ist es nicht mehr an die Kirche
zurückgekommen, sondern in der Hand des zeitigen Bruder-
meisters geblieben. Doch hat sich der Kirchenvorstand das
Recht vorbehalten, es jederzeit zurückzufordern und über den
Verbleib Rechenschaft zu verlangen. Das Übergabeprotokoll
vom S.Juni 1806 zählt auf den silbernen Vogel und 39 Schilder
mit einer silbernen Kette, insgesamt 3 P. weniger 2 Lot Silber,
1848 mußte das Silber noch einmal vor den Demokraten ge-
flüchtet werden.
Außer den schon erwähnten gesellschaftlichen Veranstaltungen
gab es noch Freibier am Abend des Sebastianustages. Dieses
Bruderbier oder Sebastianus“geloch“ wird schon 1489 er-
wähnt. Seit 1650 wurde in Qlehn und zwei verschiedenen Ort-
schaften außerhalb insgesamt für 6 Rt. Bier (= 3 Anker) verab-
reicht und aus der Kornrente bestritten. Vor dem Auseinander-
gehen gedachte man im Gebete der verstorbenen Brüder. Auch
beim Vogelschuß gab es einen „Zech“, den man aber 1899 ab-
schaffte.
Welche Bedeutung hat die Sebastianusbruderschaft gehabt?
Ihr gehörten ehemals sozusagen alle an vom Adeligen bis zum
Knechte, Beamte und Halfen, in Qlehn u. a. die Herren von
Schlickum, Lohausen, Schlendern. Der Vogt Budberg von Lied-
berg schenkte der Bruderschaft 1550 einen Garten an der Haag,
Matheis Driesch, Rentmeister auf Fürth, gab an den Sebastianus-
altar zwei kupferne Leuchter zur Ehre Gottes. Ober die Mit-
gliederzahl hören wir erst 1654 genaueres. In diesem Jahre
begleiteten 56 Brüder die Gottestracht. 1729 zählte man 150 Mit-
glieder, 1756: 200, 1857: 247, 1870: 200 (1865 waren die Lied-
berger ausgeschieden), 1914: 179. Ehemals beherrschten die
Bruderschaften geradezu das öffentliche Leben. Mit dem Kirch-
meister vertrat der Brudermeister die Gemeinde. In Büttgen.
Schiefbahn, Kaarst und Kleinenbroich hatte die Sebastianus-
bruderschaft 1687 als Vertreterin ihrer Gemeinde einen be-
sonderen Anteil am Büttgerwalde, nämlich das Recht, drei Pferde
weiden zu lassen. Beizeiten überstieg der Einfluß der Bruder-
schaften wie auch der Zünfte in den Städten die Grenze des
Erlaubten, so daß der Landesherr einschreiten mußte. Der Kur-
fürst von Köln bestimmte 1533: „Die alten Schützereien sollen
keine der Obrigkeit zuständige Einrichtungen und Ordnungen
machen.“
Der ursprüngliche Zweck der Sebastianusbruderschaften als
Wehrorganisation ist längst dahin, ihr Einfluß nicht mehr der
frühere, aber geblieben sind sie Stätten echten alten Volkstums
und sollten als solche gefördert und gepflegt werden.

Aus dem Buch „Liedberg“ 1930
von Dr. Jakob Bremer