„Schützenkönig als Herzenssache“
Wann hast du das erste Mal davon geträumt, Schützenkönig zu werden?
Michael: Das Ziel hatte ich schon seit einer Ewigkeit, zunächst wollte ich mit 50 Jahren zum Windsurfen nach Hawaii und mit spätestens 60 Schützenkönig werden. Windsurfen ist wegen der Bandscheibe leider nicht mehr drin, aber jetzt habe ich den Schützenkönig auch wegen des Jubiläums unseres Pioniercorps spontan vorgezogen.
Und wann hast du das erste Mal ernsthaft daran gedacht?
Michael: Das war der Kirmessamstag, glaube ich.
Heike: Samstagabend im Zelt, genau. Ich wusste, dass er das schon länger im Kopf hatte, deshalb habe ich auch spontan „ja“ gesagt.
Michael: Dann habe ich anschließend Alex und Detlev angesprochen und beide haben nach kurzer Rücksprache mit den Frauen auch zugesagt. Sonntag haben wir es im Zug verkündet.
Wie hat es der Zug aufgenommen?
Michael: Naja, die meisten haben trotz leichter Schlagseite zugesagt und Montag bin ich dann zur Anmeldung gegangen. Im Nachhinein war es spontan, aber eigentlich war vom Herzen schon alles für die Entscheidung da. Ich bin seit 1980 Schütze und weiß eigentlich, wie
der Ablauf ist, nur jetzt merke ich erst, wie viel Arbeit dahinter steckt.
Wann war denn eure erste Berührung mit dem Schützenwesen?
Alex: So vor vier Jahren bin ich nach Holzbüttgen gezogen und habe erstmal versucht, mir das Ganze mit etwas Abstand anzuschauen. Doch nach einer kurzen Überredungsphase hab ich mal für ein Jahr mitgemacht. Was soll ich sagen, ich bin dabei geblieben und mittlerweile zum zuginternen Zeugwart aufgestiegen.
Michael: Ich bin seit meiner Kindheit, geprägt von meinem Vater, mit dem Schützenfest verbunden. Mein Vater war Schütze auf der Furth und ich habe recht früh als Edelknabe auch aktive Erfahrung gemacht. 1980 haben wir dann mit ein paar Freunden den Jägerzug „Kaiserjäger“ gegründet, der leider nur bis zur Studienzeit vieler Aktiver bestanden hat. 1997 haben uns dann die Pioniere angesprochen und wir sind ins Pioniercorps gewechselt. Gerade in der Anfangszeit war das nicht immer einfach, da wir vorher große Rivalen beim Kegeln waren und uns nun mit Jung und Alt zusammenraufen mussten. Mittlerweile habe ich im Zug so ziemlich jedes Amt einmal ausgeübt und aktuell führe ich das Pioniercorps an.
Detlev: Vor 25 Jahren war ich kurz Schütze in Gnadental, danach war ich für ein paar Jahre bei der Bundeswehr und habe etwas den Kontakt zu aktiven Schützenleben verloren. Vor 12 Jahren bin ich dann im Pioniercorps eingetreten, da ich schon immer zu den Leuten mit dem Hackebeil wollte. Für ein paar Jahre habe ich im Zug auch das Amt des Spießes übernommen und bin mittlerweile seit 8 Jahren Kassenwart.
Heike: Als gebürtige Kaarsterin habe ich erst durch meinen Mann zu Kaiserjägerzeiten ersten richtigen Kontakt mit dem Schützenwesen. Auch waren wir für den ersten Zugnachwuchs verantwortlich, mittlerweile haben wir zwei Töchter, die selbst schon Hofdamen in Holzbüttgen waren. Jetzt sind beide groß, und ich bin natürlich wieder verstärkt mit Freude dabei.
Angelika: Unser Sohn Michael hat schon früh in Kaarst aktiv teilgenommen, von daher bin ich auch schon länger dabei. Auch nach unserem Umzug in Holzbüttgen hat sich hieran nichts geändert, unser jüngster Sohn marschiert mittlerweile sogar im Pioniercorps mit. Ich bin auf jeden Fall Ministerin aus Überzeugung.
Katharina: Ehrlich gesagt konnte ich vor ein paar Jahren noch nichts mit dem Schützenfest anfangen, aber durch Alex ist mir das alles wirklich näher gekommen und es macht richtig Spaß. Wir haben auch zwei Kinder, unser Sohn ist aktuell bei den Edelknaben und unsere Tochter fiebert dem Schützenfest auch jedes Jahr entgegen. Noch vor einem Jahr erschien mir aber der jeweilige Schützenkönig quasi als unerreichbar und nun sind wir mittendrin.
Heike: Das geht manchmal schneller als man denkt!
Wird man auf der Straße viel darauf angesprochen, wenn man das Könisgpaar ist?
Königspaar: Man wird auf jeden Fall erkannt! Irgendwie fühlt es sich auch etwas anders an, obwohl wir ja schon so lange im Dorf wohnen und viele Leute schon seit sehr langer Zeit kennen. Viele sprechen uns auch mit König oder Königin an.
Detlev: Immer wenn ich beim Jupp reinkomme halt es „Hallo Herr Minister!“ im Chor.
Wie viele Termine sind es denn für euch insgesamt während des Jahres?
Michael: Bislang war eigentlich alles relativ locker, aber in den nächsten Wochen geht’s richtig ab. So ab der Driescher Kirmes ist eigentlich an jedem Wochenende ein Termin. Wir haben aber auch schon einiges in der Winterzeit erledigen und vorbereiten können, so dass sich der Stress hoffentlich in Grenzen hält. Wichtig waren definitiv die Tipps der alten Könige.
Was mach denn an der ganzen Sache am meisten Spaß?
Michael: Der Spaß kommt eigentlich durch jeden einzelnen Termin selber. Da keiner von uns weiß was ihn erwartet, ist es eigentlich immer eine große Wundertüte. Wir haben aber in den letzten Monaten so viele neue Leute kennengelernt und einfach schöne Gespräche geführt, das macht die Sache aus. Alex: Bei den ersten Terminen waren wir schon aufgeregt, aber mittlerweile sind wir total entspannt und lassen alles auf uns zukommen.
Heike: In Glehn sollten wir sogar den Ehrentanz tanzen, da die aktuell keinen König haben, das war schon etwas Überraschendes. Ich denke wir haben es aber sehr gut hinbekommen.
Detlev: Wir hatten zwar unsere Tanzkurse gemacht, aber trotzdem war da schon etwas Nervosität im Spiel.
Wenn ihr an Montagabend denkt, was überwiegt? Vorfreude oder Nervosität?
Angelika: Eigentlich beides! Auf der einen Seite hofft man schon, dass alles gutgeht aber ich denke, wir verkrampfen da auch nicht. Hoffentlich gibt es gutes Wetter, da haben wir aber keinen Einfluss drauf.
Michael: Ach, wir versuchen uns halt so gut es geht vorzubereiten. Aktuell habe ich noch etwas Respekt vor der Rede, aber es ist auch noch etwas Zeit. Ich will es so kurz wie möglich machen, aber auf der anderen Seite will ich auch keinen unserer zahlreichen Helfer vergessen.
Worauf freut ihr euch während der Kirmestage am meisten?
Heike: Ich freue mich eigentlich auf alles. Es sind auch viele Sachen, die ich trotz unserer Schützenvergangenheit noch gar nicht gesehen habe. Das wird zwar alles anstrengend, aber irgendwie auch aufregend.
Detlev: Ich freue mich auf unsere Ehrengäste, die sich den Termin ja auch freihalten und uns schon mehrfach auf das Schützenfest angesprochen haben.
Katharina: Ich freue mich am meisten darauf, über die Straße zu laufen und den Leuten, die ich kenne, zuzuwinken. Im eigenen Dorf ist es halt intimer als bei den Schützenfesten der anderen Bruderschaften oder bei den Bundesschützenfesten.
Michael: Ich fühle mich da, als hätte
ich ein Tor im Gladbacher Nordpark geschossen.
Du hast im letzten Jahr als einziger Bewerber auf den Vogel geschossen. Könnt ihr euch auch mit der gemachten Erfahrung vorstellen, warum es hier nicht mehr Bewerber gibt?
Michael: Ich denke, das Ganze ist keine Frage des Geldes, sondern vor allem eine Zeitfrage. Der Schützenkönig sollte schon etwas Zeit mitbringen. Aber es ist dann doch viel mit einer guten Organisation
zu stemmen. Gerade die ehemaligen Könige geben wertvolle Tipps und viele helfende Hände bieten ihre Unterstützung an, sodass es am Ende gar nicht mehr so schlimm ist, wie zunächst gedacht.
Detlev: Es gibt hier seitens der Bruderschaft ein Königshandbuch, das auch genau beschreibt, was wann benötigt wird. Wichtig ist aber auch, dass die Züge mitmachen. Ohne sie wären wir z.B. bei Röschendrehen aufgeschmissen gewesen.
Wie viele verschieden Kleider habt ihr denn für das Jahr besorgt?
Heike: Eigentlich haben wir uns für das Jahr gar nicht besonders ausgestattet, es gab halt hier und da mal etwas Schickeres. Für die Kirmes selbst haben wir fünf verschiedene Outfits besorgt, aber was gibt es Schöneres, als lange Kleider zukaufen. Außerdem lernen wir gerade auch, mit kleinen Taschen zu gehen und trotzdem alles Wichtige dabeizuhaben.
Michael: Was wir nach dem Schützenfest mit den Kleidern machen, schauen wir mal.
Heike: Ich habe dir gesagt, wenn du Bezirkskönig werden willst, habe ich jetzt wenigstens ein Kleid.
Alex: Die Männer waren schnell durch mit dem Anproben, nach einem Termin waren wir fertig. Mittlerweile wissen wir aber, dass wir sogar in Uniform hätten gehen können.
Was soll den Bürgern und Schützen aus eurem Königsjahr besonders in Erinnerung bleiben? Detlev: Wenn die Leute sagen, das war ein schönes Fest, würde das vollauf genügen. Natürlich sind wir während der Kirmes auch ein bisschen im Protokoll verhaftet, aber wir würden gern als recht kontaktfreudig und zum Anfassen in Erinnerung bleiben.
Michael: Für mich persönlich ist es wichtig, dass meine Eltern, meine Frau und meine Kinder stolz sind auf das, was wir da gemacht haben. Gerade weil meine Eltern sehr mit dem Schützenwesen verbunden sind, sollen sie nachher auch stolz auf ihren Sohn sein können.
Was sagst du zur aktuellen Diskussion im Dorf: reiten oder laufen?
Alex: Ich bin früher auch mal geritten, aber jeder soll selber entscheiden was er will.
Detlev: Optisch finde ich Reiten schöner, aber ich kann natürlich verstehen, wenn jemand das nicht möchte.
Michael: Das Problem ist einfach, dass es immer weniger Leute mit richtiger Reiterfahrung gibt. Aus meiner Sicht brauchen wir aber richtige Reiter, es reicht hier nicht, die vorgeschriebenen Pflichtstunden zu besuchen. Vor diesem Hintergrund lässt sich das mit dem Reiten wahrscheinlich bald nicht mehr realisieren.
Das Interview mit dem Königshaus wurde von der Festheftredaktion geführt. Quelle: Festheft 2016